Wissen Fragen Erinnern – Podiumsdiskussion am 22.11.2023
Podiumsdiskussion am 22.11.2023 im NS-Dokumentationszentrum in München zum Thema »Inklusive Erinnerung« mit Elke Gryglewski, Dirk Rupnow und Manuela Bauche +++ Neuausgabe von »Anus Mundi. ›Fünf Jahre Auschwitz‹« von Wiesław Kielar mit einem Vorwort des Filmemachers Siegfried Ressel
Anlässlich des 85. Jahrestags der Novemberpogrome hinterfragen unter dem Titel »Inklusive Erinnerung« die Politikwissenschaftlerin und Geschichtsdidaktikerin Elke Gryglewski (Geschäftsführerin der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten und Leiterin der Gedenk-stätte Bergen-Belsen), Historiker Dirk Rupnow (Universität Innsbruck) und Historikerin Manuela Bauche (Projektleitung »Geschichte der Ihnestraße 22«, Freie Universität Berlin), wie in einer vielfältigen Gesellschaft Erinnerung wachgehalten werden und Wissen vor allem an eine jüngere Generation vermittelt werden kann.
Wie können sich die vielfältigen Hintergründe, die eigenen Migrationsgeschichten und Diskri-minierungserfahrungen auch junger Menschen in der Vermittlung von Wissen niederschlagen und pädagogisch produktiv genutzt werden? Sind die Bildungsangebote in Schulen und Ge-denkstätten ausreichend, um dem Wunsch und dem dringenden Bedürfnis nach mehr Fakten und historischer Kontextualisierung gerecht zu werden? Braucht es eine bessere Vermittlung des Themas, die auf andere Formen der Erinnerungsarbeit zurückgreift? Diesen und weiteren Fragen gehen die Gäste unter der Moderation von Niels Beintker (Bayerischer Rundfunk) nach.
Die Veranstaltung findet am 22. November 2023 um 19.00 Uhr im NS-Dokumentationszentrum statt (Max-Mannheimer-Platz 1, 80333 München). Medienvertreterinnen und -vertreter sind herzlich dazu eingeladen, an der Veranstaltung teilzunehmen.
Ende November erscheint Wiesław Kielars Buch »Anus Mundi. ›Fünf Jahre Auschwitz‹« neu und mit einem Vorwort des Filmemachers Siegfried Ressel. Der damals 19-jährige Wiesław Kielar wurde 1940 mit dem ersten Transport aus dem Gefängnis Tarnów als politischer Häftling nach Auschwitz deportiert.
Seine Haftzeit dort betrug vier Jahre und fünf Monate. Danach folgte eine Odyssee durch mehrere deutsche Konzentrationslager, bevor er im Frühjahr 1945 befreit wurde und nach Polen zurückkehrte. Jahre später hat er über das Erlebte geschrieben: Sein Bericht stellt die Realitäten des Lagers und die Normalität der Brutalität schonungslos dar und beschreibt die fürchterlichen Lebensbedingungen und die Hierarchien und Abläufe. Für sein Buch erhielt Kielar, der nach seiner Befreiung nach Polen zurückkehrte und als Kameramann arbeitete, mehrere polnische Literaturpreise. Auf Deutsch erschien »Anus Mundi« erstmals 1979 im S. Fischer Verlag. Nach einer großen medialen Aufmerksamkeit ebbte das Interesse in Deutsch-land in den 1990er Jahren ab und in der aktuellen umfangreichen Literatur zu und über Auschwitz bleiben Autor und Buch so gut wie unerwähnt. Auf diesen Umstand geht der Filme-macher Siegfried Ressel in seinem Vorwort über die Entstehungsgeschichte von »Anus Mundi« ein, in dem er zudem auf bisher unbekannte Informationen über Kielars Leben nach 1945 zurückgreift.
»Anus Mundi. ›Fünf Jahre Auschwitz‹« erscheint am 28. November 2023 bei S. Fischer.
Über die Initiative Wissen Erinnern Fragen des S. Fischer Verlags
Die Erinnerung an den Holocaust steht vor einer entscheidenden Wende: Bald wird es keine Zeitzeuginnen und Zeitzeugen mehr geben, die aus eigener Anschauung von der Vernichtung der Jüdinnen und Juden und anderer Verfolgter erzählen können. Um das Thema weiter und wieder in die Gesellschaft zu transportieren, aufzuklären und das Bewusstsein wachzuhalten, hat der S. Fischer Verlag die Initiative Wissen Erinnern Fragen gestartet. Im Rahmen von Tagungen und Veranstaltungen wird jeweils ein bestimmtes Thema oder ein Jahrestag in den Blickpunkt gerückt und in seinem Fortwirken bis in unsere Gegenwart beleuchtet. Begleitend erscheinen Klassiker der Reihe „Die Zeit des Nationalsozialismus“ – der sogenann-ten „Schwarzen Reihe“ – neu und mit aktuellen Vorworten versehen. Zudem wird einmal im Monat der Podcast „Trauer & Turnschuh“ mit der Journalistin, Politikwissenschaftlerin und Buchautorin Hadija Haruna-Oelker und dem Publizisten Max Czollek veröffentlicht, die auf die Leerstellen bei der Aufarbeitung der Geschichte des Nationalsozialismus blicken, Fragen stellen und die Perspektiven anderer zusammentragen, um herauszufinden, was un-sichtbar und noch zu bearbeiten ist.