2020: Zusammenfassung zweites Martin-Roth-Symposium

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Unter dem Motto „MuseumFutures“ fand vom 7. bis 11. September das 2. Martin-Roth-Symposium statt. Rund 45 Redner*innen aus 11 Ländern diskutierten an 5 Tagen digital und analog über die Zukunft der Museen. Gemeinsamer Nenner waren die Notwendigkeit, für alle Gruppen der Gesellschaft analoge und digitale Zugänge zu schaffen, sowie die Verantwortung der Museumsmacher*innen für die Erinnerungskultur.

Stuttgart/Berlin, 14.09.2020 Zahlreiche internationale Museumsfachleute u.a. aus Benin, Bolivien, China, Frankreich, Indien, Russland, Südafrika, USA und dem Vereinigten Königsreich folgten der Einladung des ifa (Institut für Auslandsbeziehungen) zum 2. Martin-Roth-Symposium. Fachleute aus Theorie und Praxis diskutierten fünf Tage lang digital und analog im Museum für Naturkunde in Berlin über die Zukunft von Museen im Spannungsfeld zwischen Demokratie, Macht, Architektur und Unterhaltung. Das Symposium fand erstmals in Kooperation mit re:publica statt.

In seiner Eröffnungsrede sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier: „Mehr denn je benötigen wir dabei die internationale Zusammenarbeit. Denn keine einzige Herausforderung des 21. Jahrhunderts lässt sich noch mit den Mitteln des Nationalstaats allein lösen“.

Der Präsident des ifa, Ulrich Raulff, sieht darin eine große Chance für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik und die Arbeit des Hauses: „Digitalisierung, Dekolonialisierung und Diversität sind die großen Themen, mit der sich die Gesellschaften weltweit auseinandersetzen müssen. Diese Auseinandersetzung wird auch vor dem Museum nicht Halt machen. Und es könnte sein, dass sie die lange Geschichte dieser alten Institution von Grund auf verändern und bereichern wird.“

Im ersten Panel am Montag, den 7. September, diskutierten Kavita Singh, Philip Tinari, Clémentine Déliss, Zelfira Tregulova und Alain Bieber digital zum Thema „Museen und Zukunft“. Kavita Singh, Professorin für Kunstgeschichte und Dekanin an der Jawaharlal Nehru University in Delhi betonte, „…dass wir nicht die gleiche Vergangenheit haben und deshalb auch nicht die gleiche Zukunft. Und trotz all unserer gegenseitigen Verbindungen […] spielt der Kontext eine Rolle. Selbst wenn es so aussieht, als würden wir die gleiche Art von Institutionen aufbauen oder ähnliche Seherfahrungen machen, ist das, was diese Institutionen bedeuten oder was diese Seherfahrungen sind, kontextabhängig festgelegt. Und an verschiedenen Orten können Museen, Demokratie und die Zukunft sehr unterschiedliche Dinge sein.“

Welche Funktion haben öffentliche und private Museen in der Gesellschaft? Wie gestaltet sich ihre Rolle als Aushandlungsort von Deutungshoheiten? Mit diesen Fragen setzten sich im 2. Panel „Museen und Macht“ Elvira Espejo Ayca, Julia Grosse, Yvette Mutumba, Rooksana Omar, Nico Daswani, Hartmut Dorgerloh, Gus Casely-Hayford und Benita von Maltzahn auseinander. Elvira Espejo Ayca, Direktorin des National Museum of Ethnography and Folklore (MUSEF) in La Paz, Bolivien, verdeutlichte: „Die Prüfung der Betriebsabläufe ließ uns im Museum […] hinterfragen, wie z.B. die Sammlungen organisiert sind. Häufig werden die Sammlungen allein nach den Kriterien der Konservierung und Bewahrung organisiert. Und in Bezug auf die Konservierung und Erhaltung kann man feststellen, dass wir uns nur um das Äußere, das Schöne kümmern und es erforschen.“

Zum Thema „Museen und Unterhaltung“ und neuen Trends im digitalen Zeitalter im Bereich Entertainment diskutierten im 3. Panel Robin Reardon, Tim Reeve, Manouchehr Shamsrizi, Marie Cecile Zinsou, Pi Li und Raphaël de Courville. Tim Reeve, stellvertretender Direktor und Geschäftsführer des Victoria and Albert Museums, hielt fest: „Der Kontext für jede Diskussion über die Rolle der Museen in der Mitte des 21. Jahrhunderts […] hat sich […] gewandelt. Diskussionen und Debatten, die vor dem Lockdown noch in einem zaghaften Anfangsstadium waren, werden jetzt beschleunigt. Die Rufe nach Veränderung der institutionellen Strategie, der Werte und der Kultur sind leidenschaftlicher geworden.“

Architekt Sir David Chipperfield forderte im 4. Panel zum Thema „Museen und Architektur“: „Die Museen werden das tun müssen, was wir alle tun müssen: Mehr aus dem machen, was wir haben, flexibler und einfallsreicher sein. […] Weniger bauen, leichter bauen, wiederverwenden, ausbessern und anpassen. Mehr Innovationen bei den vorhandenen Flächen und Gebäuden, mehr Verwurzelung im unmittelbaren Kontext und der umgebenden Gesellschaft und eine Erweiterung der Perspektiven, so weit wie möglich, mit Umsicht bei der Vergrößerung von Immobilien.“ Weitere Impulsvorträge kamen von Bice Curiger, Bill Sherman, Edwin Heathcote, Louisa Hutton, David Adjaye und Pinar Yoldas.

Im letzten Panel „Museen und Misserfolg“ am 11. September diskutierten vor Ort im Museum für Naturkunde, Berlin, Małgorzata Ludwisiak, Lucy Darwin, Inés de Castro, Michael Moriarty und Johannes Vogel. Inés de Castro, Direktorin des Linden-Museums Stuttgart führte an: Man könnte sich fragen, ob ein ethnologisches Museum noch eine Rechtfertigung für unsere moderne Gesellschaft hat, die von Vielfalt und Globalisierung geprägt ist. Kann dieses Konstruktionsversagen mit Schwerpunkt auf außereuropäischen Ländern überwunden werden und wie kann es mit den vorhandenen Sammlungen geschehen?“ Das digitale Programm wurde durch verschiedene analoge Expertenworkshops vor Ort ergänzt, in die u.a. die Ergebnisse der vorangegangenen Diskussionen einflossen.

Der Generalsekretär des ifa, Ronald Grätz, äußerte sich zuversichtlich angesichts der erfolgreichen Umsetzung des digitalen Konzepts: „Museen gestalten als Orte des politischen Diskurses, als Orte der Aufarbeitung und des Lernens gemeinsame gesellschaftliche Zukunft, weltweit. Beim diesjährigen Martin-Roth-Symposium wurden die Chancen, die in digitalen Angeboten liegen, deutlich und hervorragend genutzt.“

 

Das Martin-Roth-Symposium

Zu Ehren von Martin Roth (1955-2017), einem der innovativsten Museumsdirektoren und Kulturpolitiker Deutschlands sowie ehemaligem Präsidenten des ifa, versammelt das Martin-Roth-Symposium alle zwei Jahre Vordenkerinnen und Vordenker aus Kultur, Wissenschaft, Kunst und Politik, um – inspiriert von Roths progressiven Überzeugungen – gemeinsam neue Ideen und Zukunftsszenarien zu entwickeln. Das erste Symposium fand 2018 unter dem Titel „What can culture do?“ statt.

Das Konzept des Martin-Roth-Symposiums 2020 wurde in Zusammenarbeit mit einem internationalen Gremium und der re:publica entwickelt. Mitglieder des Gremiums sind Prof. Dr. Marion Ackermann (Staatliche Kunstsammlungen Dresden), Nico Daswani (World Economic Forum), Prof. Dr. Kurt Forster, Dr. Andreas Görgen (Auswärtiges Amt), Ronald Grätz (Institut für Auslandsbeziehungen), Benita von Maltzahn (Volkswagen AG), Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Raulff (Institut für Auslandsbeziehungen), Dr. Harriet Roth, Prof. Dr. Bill Sherman (University of London), Dr. Ellen Strittmatter (Institut für Auslandsbeziehungen), Prof. Dr. Johannes Vogel (Museum für Naturkunde Berlin) und Prof. Dr. Mariët Westermann (New York University Abu Dhabi).

 

Pressekontakte

Politycki & Partner, Literatur- und Pressebüro

Birgit Politycki, Tel. 040.4309315.12, bp@politycki-partner.de

 

ifa (Institut für Auslandsbeziehungen)

Miriam Kahrmann, Tel. 0151.26455.509, presse@ifa.de

 

re:publica

Rebecca Krum, Tel. 0171.5761076, rebecca.krum@re-publica.com

 

Über das ifa (Institut für Auslandsbeziehungen)

Das ifa ist Deutschlands älteste Mittlerorganisation. Seit 1917 engagiert es sich weltweit für ein friedliches und bereicherndes Zusammenleben von Menschen und Kulturen. Neben der Förderung des Kunst- und Kulturaustauschs in Form von Ausstellungs-, Dialog- und Konferenzprogrammen agiert es als Kompetenzzentrum der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Dabei setzt es auf langfristige, partnerschaftliche Zusammenarbeit.

Das ifa wird gefördert vom Auswärtigen Amt, dem Land Baden-Württemberg und der Landeshauptstadt Stuttgart. www.ifa.de

 

Über re:publica

re:publica Berlin ist die größte Konferenz zu den Themen Internet und digitale Gesellschaft in Europa. Hier treffen Blogger*innen auf Politiker*innen, Wissenschaftler*innen auf Unternehmer*innen, Künstler*innen auf Aktivist*innen, um aktuelle Fragestellungen der digitalen Gesellschaft zu diskutieren. Zudem fand re:publica vom 14.-15. Dezember 2018 mit mehr als 2000 Teilnehmer*innen erstmals auf afrikanischem Boden in Ghanas Hauptstadt Accra statt. 2018 – 2019 veranstaltete die republica GmbH, als strategischer Partner des Deutschlandjahres USA, mit der Sequencer Tour fünf Konferenzen zum transatlantischen Dialog in Amerika. Am 7. Mai 2020 fand re:publica erstmalig als #rpREMOTE ausschließlich online im digitalen Exil auf der Plattform re-publica.tv statt. www.re-publica.com

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